Alles beim Alten – oder doch nicht?
Der Alpalltag hat uns jetzt wieder voll im Griff. Die Arbeitsabläufe beim Käsen sitzen, im rechten Moment ist genügend Wasser in der richtigen Temperatur für all die Waschgänge, die eine Sennerei mit sich bringt, vorhanden. In der Feuergrube brennt zur rechten Zeit das Feuer damit das Käsen losgehen kann. Wenn ich eine gute halbe Stunde nach dem Einlaben zögernd unter dem Holzdeckel im Käsekessi spüre, ob der „Schluck“ (eingedickte Milch) die richtige Konsistenz hat, ist Alfred auch fertig mit seinem Job – er wäscht mit Eifer jeden Morgen das Käserezubehör und nimmt ein erstes Mal den Küchenboden auf. Während ich mit der Harfe den Schluck breche, gibt er mir die frechen, grossen Mocken in die Mitte, die sich der Zerschneideprozedur entziehen wollen. Vieles ist bei uns Gemeinschaftswerk, während ich eher ums Feuer und den Herd Verantwortung übernehme, sind Stall und Keller die Reviere meines Mannes. Selbstverständlich kann jeder (fast alle) Arbeitsgänge des anderen auch ausführen, sobald das nötig wird. Um Unvorhergesehenes müssen wir uns nicht kümmern, wir wissen aus Erfahrung, dass solche Momente schneller da sind als wir meinen. Bis jetzt lief das Meiste in geordneten Bahnen, das ist auch eine gute Voraussetzung für den fünfzehn jährigen Jonas, der sich je länger je mehr auskennt mit all seinen Aufgaben, mit denen er uns in die Hand arbeiten kann. Er trägt Unmengen von Brennholz in die Küche (Frauen sind in dieser Hinsicht ja so verschwenderisch!), er kann die Waschanlage der Melkmaschine bedienen und wird mal hier und mal dort gerufen, um „noch schnell“ etwas zu erledigen. Wir sind froh, dass jeden Morgen und manchmal auch abends, Hansueli auftaucht, um zu helfen, bis alle Kühe gemolken sind. Er ist es auch, der uns bei technischen Fragen zurechthilft. Von denen gibt es in der heutigen Zeit viel mehr als früher, als sich ein Bauernknecht nur mit einem „Mälchti“, einem Melkstuhl, Mistgabel und Schorschaufel auskennen musste. Die neueste Errungenschaft ist das vorgezogene Geburtstagsgeschenk an Alfred, eine Melkmaschine für Ziegen. Bis die beiden “Kühe des armen Mannes” und ihr Besitzer sich an das moderne Zeugs gewöhnt haben, braucht es aber noch Zeit. Auch wenn diese Einrichtung unverhältnismässig scheint, so werden dabei doch zwei alternde Handgelenke entlastet, die in ihrem Dasein vor allem gearbeitet haben, manchmal mehr als ihnen zuträglich war. Dieses liebevolle Geschenk unserer Söhne Klaus und Hansueli und der Schwiegertochter Regula, sagt doch deutlich, dass Papa auch nach seiner Pensionierung mit gutem gewissen Ziegen im Kuhstall halten kann, obwohl unser Hofnachfolger nach wie vor kein Geissenfan ist, und, wie wir ihn kennen, auch nicht im Sinn hat, einer zu werden.