Usflug

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de Nadja Tschanz | Site Alp

07.07.2015

Nicht nur ich bin letztes Wochenende kurz ausgeflogen, sondern auch die kleinen "Rotschwänzli", welche bislang im Nest unter dem Dach ihre Tage verbracht haben. Für mich war der kurze Ausflug ungefährlich, aber die kleinen Vögelchen mussten um ihr Leben bangen, als sie die ersten Flugversuche unternahmen. Bald schon fanden wir einen kleinen Vogel tot am Boden und kurz darauf einen zweiten nur noch halblebend.

Nicht nur ich bin letztes Wochenende kurz ausgeflogen, sondern auch die kleinen “Rotschwänzli”, welche bislang im Nest unter dem Dach ihre Tage verbracht haben. Für mich war der kurze Ausflug ungefährlich, aber die kleinen Vögelchen mussten um ihr Leben bangen, als sie die ersten Flugversuche unternahmen. Bald schon fanden wir einen kleinen Vogel tot am Boden und kurz darauf einen zweiten nur noch halblebend. Wir brachte ihn an einen sicheren Ort. Die Eltern der Familie Rotschwänzchen sassen von da an immer auf dem nahen Pfahl und zwitscherten und knackten wie verrückt. Ab und zu nahmen sie den Mut zusammen und flogen mit einem Wurm zu ihrem Junior. Doch o weh, zwei Tage später war auch Kücken Nr. 2. nicht mehr am Leben und die Vogeleltern scheinen jetzt immer traurig. So sicher ihr Nest unter dem Dach war, so hoch war auch der Absturz. Das ist die Natur – schön, spannend und manchmal furchtbar brutal.

Ich hingegen bin gesund und munter zurückgekehrt. Samstagabend und Sonntagmorgen absolvierte Mathilde, Simons Mutter, den Stalldienst für mich. So konnte ich am Abend kurz heim nach Sigriswil und an der Turnerchilbi meinen Einsatz leisten (und ja, zugegebenermassen auch ein Bier trinken). Auch meine beiden Schwestern waren da. Manuela, geht ebenfalls bereits seit vier Jahren “z’Bärg” und so sehen wir uns einmal pro Sommer an der Chilbi. Da können wir uns austauschen, so quasi von Älplerin zu Älplerin und von Frau zu Frau. Es tut gut, denn sie versteht mich voll und ganz und hier bin ich oft “nur” unter Männern. Sie weiss, was es heisst, am Morgen der Sonne beim Aufstehen zuzuschauen, den ersten Käse der Saison zu degustieren oder bei Glockengeläut einzuschlafen. Sie kennt aber auch die Schattenseiten: Wenn man abends vor Erschöpfung beim kleinsten Patzer fast in Tränen ausbricht, das Gefühl, wenn sich alle Freunde bei einem Fest treffen und man selber immer den gleichen Arbeiten nachgeht oder die Verzweiflung, wenn etwas nicht so läuft wie es sollte. Ich denke, die psychische Belastung ist grösser als die körperliche. Das ist nicht zu unterschätzen und mir tut es gut, einmal im Sommer den Alpalltag mit etwas Abstand betrachten zu können. Es braucht sogar etwas Überwindung, die Alp für eine Nacht zu verlassen. Das Gefühl, die anderen im Stich zu lassen, lässt einen nicht los. Man fühlt sich fast ein wenig als Schwächling. Eigentlich lächerlich und wahrscheinlich nicht verständlich für Nicht-Älpler. Wie dem auch sei, die Hochs und Tiefs gehören zum Älplerleben und machen es spannend. Ich bin froh, darf ich hier sein, denn in der Küche haben wir bei leichtem Durchzug angenehme 25°C und nicht 35…

Ich wünsche Ihnen einen schönen Schattenplatz und empfehle bei Überhitzung ein eiskaltes Joghurt von unserer Alp.

Herzliche Grüsse

Nadja

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