- Histoires d’alpage
- „Wenn der Käse gut war, nicht zu viel ändern“
„Wenn der Käse gut war, nicht zu viel ändern“
de vmuellener | Mittelberg
12.08.2016
In den elf Wochen, die wir im Mittelberg verbringen, dreht sich unser Tagesablauf rund ums Käsekessi. Eigentlich beginnt das Käsen schon am Vorabend beim Melken. Die Milch des Abends wird bei uns in einen alten Milchtank geleitet und dort mit Hilfe einer Wasserschlange gekühlt.
In den elf Wochen, die wir im Mittelberg verbringen, dreht sich unser Tagesablauf rund ums Käsekessi. Eigentlich beginnt das Käsen schon am Vorabend beim Melken. Die Milch des Abends wird bei uns in einen alten Milchtank geleitet und dort mit Hilfe einer Wasserschlange gekühlt. Um in den Genuss von „Gebsenidle“ (Doppel- oder Dreifachrahm) zu kommen, fülle ich abends den weiten, flachen Milchbehälter, den wir Gebse nennen, mit Milch. Am nächsten Morgen wird im Kühlbehälter und auf der Gebse abgerahmt und die Milch ins heiss gebrühte Kessi geleert. Sobald alle Kühe im Stall und die schmutzigsten Schwänze gewaschen sind, beginnen Hansueli und Alfred mit melken. Die frische Milch fliesst aus der Absaugleitung direkt ins Käsekessi. In dieser Zeit wasche ich die Käsetücher, die wir am Vorabend eingelegt haben. Dann wird es Zeit, die Sirtenkultur zu testen. „Ist sie stabil, neigt sie zum gefürchteten Sinkflug, droht sie oben hinaus zu gehen oder zieht sie sogar Fäden?“ Das sind meine Gedanken, wenn ich die Thermosflasche öffne, in die ich am Vortag speziell zubereitete Molke eingefüllt habe. Mit der Säureprobe stelle ich den Säuregrad fest und schaue, ob ich mich bei der Sinnenprobe nicht geirrt habe. Je nach Ergebnis entscheide ich, ob und wie viel von dieser Bakterienzucht vorgängig in die euterwarme Milch geschüttet wird. Wenn alle Milch im Kessi ist, wird sie aufgewärmt. Mit einem Holzstab bestimme ich die Milchmenge und messe das benötigte Labpulver ab. Es braucht genau so viel, dass die Milch in 30 –35 Minuten nach dem Einlaben gerinnt. Während dieser halben Stunde läuft der Betrieb in unserer Käseküche auf Hochtouren. Die drei Käse vom Vortag werden „grissenet“ (die Kanten sauber abgeschnitten) und für 24 Stunden ins Salzbad im Keller gelegt. Melkmaschine und Käsereizubehör werden gewaschen und heiss abgespült. Um bis zum „Schluck“ fertig zu sein, ist Teamwork gefragt – ohne grosse Diskussionen weiss jeder von uns, was zu tun ist. Dabei dürfen die Feuer im Badofen (Heisswasserboiler) und Holzkochherd nicht vernachlässigt werden, sonst klappt es nicht mit dem Nachschub von heissem Wasser.
Alpkäse – mit Sorgfalt und Liebe hergestellt
Das eigentliche Käsen beginnt mit dem Überziehen und brechen des Schlucks (geronnene Milch) mit der Harfe. Dabei sollten gleichmässige Käsekörner entstehen, der Käsebruch. Während das Rührwerk die Arbeit der Vorkäsens übernimmt, ist bei uns Zeit für die Znünipause. Wenn der Bruch die richtige Reife erreicht hat, wird das Käsekessei über das Feuer geschoben. Dort wird die Käsemasse auf 52°C erwärmt, je nach Milchmenge darf dieser Vorgang 35 – 45 Minuten dauern. Anschliessend wir die Masse noch ein paar Minuten ausgerührt. Dazu laufen die Vorbereitungen für den Käseauszug: Bretter und Järbe (Käseformen) werden bereitgestellt und die Käsetücher der Grösse nach sortiert. Als erstes nehme ich Sirte auf die Seite für die Kultur vom folgenden Tag. Jetzt gilt es, den „Britsche“ (Käsemasse) in möglichst drei gleich grossen Teilen aus der Käsemilch zu holen – wieder eine partnerschaftliche Aufgabe. Ich tauche die Arme ins recht warme Nass, Alfred trägt die Beute auf den „Brässel“ (Presstisch). Dort wird der Masse in die Formen geknetet und mit der alten Schwarpresse die restliche Flüssigkeit herausgepresst. Bis das Kessi schön glänzend für den nächsten Tag bereitsteht, sind noch einige Hände voll zu tun. Nachmittags werden die Käselaibe in regelmässigen Abständen gewendet und immer wieder neu unter Druck gesetzt. Das geschieht nach dem Abendessen zum letzten Mal, da benützen wir die glatten Ausbladtücher, damit die Käse am nächsten Morgen ohne Rümpfe und Rillen bereit sind für das Salzbad. Die frischen Käse werden im Keller anfänglich zwei Ma täglichl, später ein Mal, gewendet und mit Salzwasser eingerieben. Wöchentlich führen wir die kostbare Ware ins Käsereifungslager im Grund, wo sie bis zum Verkauf im Herbst weiter gepflegt wird.
So oder ähnlich wird auf unzähligen Alpen Berner Alp- und Hobelkäse hergestellt. Auch wenn es in jedem Betrieb wieder etwas anders läuft, so haben viele Berufskollegen wahrscheinlich das gleiche Motto wie wir: „Wenn der Käse gut war, nicht zu viel ändern.“ Ob unser Käse gut kommt, darüber werden wir im Lauf des Herbsts aufgeklärt – unser Alpmulchen hat eine strenge Taxation zu bestehen. Auch wenn wir uns den ganzen Sommer Mühe geben, ist es für uns keine Selbstverständlichkeit, wenn wir im November den Ertrag für erstklassigen Alpkäse entgegennehmen können.
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