Taxieren

de Kathrin Kühni | Tannisboden

29.08.2014

In der Schlussphase eines Sommers geht es ans Käse taxieren. Das heisst ein 'Mulchen', so nennt man die Produktion eines Alpsommers wird von zwei Käseexperten unter die Lupe genommen. Für den Käser sind die dabei verteilten Punkte von grösster Relevanz, bereits ein halber Punkt weniger kann nämlich bedeuten, dass man den Käse zu einem geringeren Preis verkaufen muss.

In der Schlussphase eines Sommers geht es ans Käse taxieren. Das heisst ein ‘Mulchen’, so nennt man die Produktion eines Alpsommers wird von zwei Käseexperten unter die Lupe genommen. Für den Käser sind die dabei verteilten Punkte von grösster Relevanz, bereits ein halber Punkt weniger kann nämlich bedeuten, dass man den Käse zu einem geringeren Preis verkaufen muss.

Die Käseexperten kündigen ihren Besuch vorher an. Fabrikationsprotokoll und der Käser müssen beim besagten Termin vor Ort sein – so ist es für die Experten manchmal einfacher, gewisse Vorkommnisse zu erklären.

Zuerst wird der Käse geklopft. Die Experten wählen einige Exemplare aus, die sie dann genauer bertrachten – natürlich nicht die Jüngsten, weil der Alpkäse doch einen gewissen Reifegrad aufweisen muss, um ein aussagekräftiges Urteil abzugeben. Der zweite Schritt ist dann die Käsebohrung. Dabei wird ein kleiner Zapfen aus dem Laib entfernt, der den Experten Aufschluss über den Käseteig liefert. Im Idealfall sollte der Käse blind sein, d.h. keine Lufteinschüsse aufweisen. Der Teig sollte elastisch sein, dass die Experten mit dem entfernten Käsestück mindestens ein Hufeisen formen können, besser noch ein ‘Söischwänzli’. (Das deutet im zweijährigen Reifestadium auf eine gute Hobelfähigkeit.) Von diesem entnommen Stück wird dann anschliessend probiert – ist er bitter oder hat er zum Beispiel einen unangenehmen Nachgeschmack.

Nach getaner Arbeit wird das Loch mittels Foodplast wieder verschlossen, zurück bleibt ein kaum zu erkennendes ‘Büggeli’ – für den Laien fast unsichtbar.

Die Experten können maximal 20 Punkte vergeben, pro ‘Mangel’ wird ein halber Punkt abgezogen. In die Bewertung fliesst auch die allgemeine Sauberkeit mit ein; sowohl die des einzelnen Laibs, wie auch die des gesamten Kellers. Esther, meine Chefin, ist die einzige Frau im Kanton Bern, die Berner Alpkäse taxiert. Durch ihre grosse Erfahrung mit der Alpkäseherstellung kann sie auch immer wieder Tipps geben, wie man die Herstellung optimieren kann. Wie sie erzählt, ist das eine enorm spannende Arbeit, weil man dabei ganz verschiedene Alpkäsereien kennenlernt und allerlei Sachen sieht. So bedeutet es auch für die Experten, dass man immer wieder Sachen erfährt, die man zum Teil in der eigenen Käserei dann umsetzt oder anwendet.

Wie bereits erwähnt, hat der Alpkäse von Esther volle 20 Punkte erreicht.

 

Weniger rosig ist es sonst grad auf dem Tannisboden. Wegen des schlechten Wetters haben die Alpweiden grossen Schaden erlitten. Das Heu für den nächsten Sommer schwindet bedenklich, weil die Kühe draussen weniger Futter finden. Damit geht auch die Milchleistung zurück. Der Dauerregen und der warme Bergluft hindern das Gras am Wachsen. Deshalb haben Gfellers nun den Beschluss gefasst, dass die Kühe am nächsten Dienstag gezügelt werden. Esther hat mir erklärt, dass vorallem bei den frisch ‘gekalberten’ Kühe die Gefahr besteht, dass sie zu wenig fressen können. In ihrem Pansen arbeiten die Mikroben dann nicht mehr richtig, und dann bildet sich Aceton. Das ist für die Kuh sehr gefährlich. Deshalb wollen wir es gar nicht erst soweit kommen lassen.

Die ‘Guschti’ bleiben noch oben, aber mit Käsen ist dann am Dienstag Schluss für diese Saison. Dann bleiben auf der Alp vorallem Arbeiten wie Weidepflege, damit man noch retten kann, was zu retten ist. Gestern sind Esther und ich in den Talbetrieb gefahren und haben den Spinnweben im Stall den Garaus gemacht, die Fenster geputzt – dass dann alles bereit ist für den Einzug am Dienstag.

 

Es ist ein seltsames Gefühl. Es war immer in weiter Ferne, der Zeitpunkt, wo die Kühe die Alp verlassen werden, und auf einmal steht er unmittelbar bevor. Viel früher als geplannt. Aber wie man hört, geht es vielen Alpbetrieben so. Der Alpsommer 2014 hat seine Spuren überall hinterlassen. Nichts desto trotz, wünsche ich euch einen schönen Nachmittag und geniesst die trockenen Stunden.

 

E liebe Gruess Kathrin

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