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Drei Monatsbilanz
de Kathrin Kühni | Tannisboden
01.09.2014
Der letzte Alpmonat der Saison 2014 hat begonnen. Zeit für einen Rückblick oder Update, was bisher alles passiert ist. Zeit zum Hinsetzen und Erinnerungen 'büschele'.
Der letzte Alpmonat der Saison 2014 hat begonnen. Zeit für einen Rückblick oder Update, was bisher alles passiert ist. Zeit zum Hinsetzen und Erinnerungen ‚büschele’.
Also beginnen wir im Stall(wie so oft), Gudrun hat jetzt ein neues Plätzli und ist nicht mehr auf dem Tannisboden. Die musikalische Kuh Irina hat ein bisschen einen Vogel. Respektiv letztens sorgte sie mit einem kräftigen Tritt dafür, dass ich im Stallgang landete. Heute wollte sie wieder etwas rumzappeln, jedoch habe ich dann die Taktik gewechselt und sie von der anderen Seite angerüstet. Problem gelöst. Allerdings ist sie zu den anderen Kühen unfreundlich geworden und ‚plaget se’, egal wer neben ihr angebunden wird. ‚Dsch gar nid gäbig.’
Die beiden Kälbchen, von letzter Woche, haben ihre Namen. Das Kalb von Florence heisst Palme und der Nachwuchs von Jolanda trägt den Namen Paula. Palme und Pisa trinken mit ihren ‚Nüggle’ um die Wette und haben bereits gut begriffen, wie dieses „schwimmende Euter“ funktioniert.
Aktuelle Wettersituation: ‚Es schiffet.’ Einmal mehr. Nebelschwaden ziehen im Eiltempo vorbei. ‚Gruusig wohäre’ man auch schaut. Kleidung: 5 Schichten, davon Softshell und Faserpelz in Kombination.
Ich schaue zurück auf drei Monate voller Eindrücke und Erfahrungen, die ich auf keinen Fall missen möchte. Am Donnerstagabend auf dem Pferd habe ich mich selber dabei ertappt, wie ich ‚Hoi..hoi’ sagte statt ‚Hüü’. Aber der Umgang mit Kühen ist bei Weitem nicht das Einzige, was ich vom Tannisboden mitnehmen werde. In meinem Rucksack stappeln sich Trick Nr.77 bis 153, haufenweise neue Pflanzennamen, ein bisschen Pilzwissen….des Weiteren habe ich in der Küche Einiges dazugelernt. Die von Anfang an intensive Zusammenarbeit mit Esther und Ueli hat mir einen grossen Einblick in die Käseherstellung gewährt. Dadurch dass ich von Anfang an dabei war, konnte ich „wie Hineinwachsen“. Zu Beginn habe ich vorallem zugesehen, dann einfachste Schritte ausgeführt und immer ist wieder Etwas dazu gekommen. Barbara hat letzte Woche zugesehen, als ich Esther beim Käsen geholfen habe. Erstaunt hat sie festgestellt, dass wir kaum miteinander sprechen. Jeder kennt mittlerweile die Handgriffe des Anderen, Sprechen ist überflüssig geworden. Schade eigentlich, dass wir morgen zum letzten Mal Käsen, jetzt wo wir eingespielt sind.
Beim Verfassen dieser Zeilen, werde ich schon fast ein bisschen wehmütig. Irgendwie ist die Zeit wie im Flug vergangen. Trotz des ‚üblen absolut üblen Sommers’ blicke ich im Grossen und Ganzen auf eine schöne Zeit zurück. In meinen Erinnerungen, wird nicht der Regen im Vordergrund stehen, sondern vielmehr die Begegnungen, die Erfahrungen und all das Wissen, was mir auf dem Tannisboden begegnet ist.
Einige würden die Hilfsarbeiten auf einer Alp wohl als langweilig bezeichnen – da ihnen nicht bewusst ist, dass man selber dafür verantwortlich ist, wie viele Arbeiten einem übertragen werden. Einige Male schaut man nur zu, und auf einmal heisst es selber anpacken – Glücklich ist dann der, der vorher genaustens beobachtet hat, wie gewisse Arbeitsschritte ablaufen. Hat zum Beispiel Marcel beim Käsen geholfen statt Ueli, so waren wir im Stande mühelos die Rollen zu tauschen.
Der Alpsommer 2014 ist mein erster Alpsommer, aber definitiv nicht mein Letzter. Ich habe mein Herz an die Berge verloren, an das einfache Leben, an das sehr eindrückliche Wetter(Ich habe Esther diesen Sommer öfter in Kappe gesehen, als ohne.), an die Leute, die noch die Mühe auf sich nehmen, einen so wichtigen Teil von Arbeit zu leisten. Sobald die Alpsaison 2014 abgeschlossen ist, werde ich mich also daran machen einen Platz für den kommenden Sommer zu suchen. Wir werden sehen, wohin es mich treibt.
Wem würde ich das z’Alp gehen empfehlen?
Allen, die die Natur mit ihren schönen und unschönen Facetten lieben. Traurige und fröhliche Momente sind hier manchmal nahe beieinander. Allen, die so eine Stelle nicht annehmen um Geld zu verdienen, sondern um Erfahrungen zu sammeln. Allen, die flexibel und unkompliziert. Allen, die bereit sind, ihren Arbeitstag dem Wetter und den Tieren anzupassen. Allen, die ihre Grenzen kennen lernen möchten. Allen, die auch gerne mal alleine sind. (Risiken und Nebenwirkungen sind keine bekannt.) Allen, die es mögen, jeden Tag einen anderen Ablauf zu haben.
Wem würde ich davon abraten?
Allen, die einen geregelten Arbeitsablauf möchten. Allen, die sich fürs Misten überqualifiziert fühlen. Allen, bei denen körperliche Anstrengung zu gesundheitlichen Problemen führen kann. (Auf einer Alp sind 50% nicht genug.) Allen, die gerne von Montag bis Freitag, von 8:00-17:00 arbeiten. (Tiere kennen kein Wochenende.) Allen, die denken, sie können und wissen schon alles – dass erschwert unter Umständen die Zusammenarbeit mit der Älplerfamilie enorm. (Unerfahren sein, tut nicht weh, und lernen kann man fast alles – wenn man es zulässt.)
Keine Angst, dass ist nicht mein letzter Blog, aber im Moment geht die Stimmung schon in Richtung Ende. Morgen gehen die Kühe. Kennengelernt habe ich sie als rot-weiss-gefleckte Säugetiere und verabschieden werde ich mich von Persönlichkeiten, die man alle irgendwie ins Herz geschlossen hat, von denen man mittlerweile alle Namen kennt, und auch die markantesten Charakterzüge.
Der Tannisboden bot mir den idealen Einstieg ins Alpleben. Dafür bin ich Esther und Ueli, sowie Maria und Marcel von ganzem Herzen dankbar.
Dankbar dafür… dass sie sich Zeit genommen haben für mich…dass sie mir Arbeiten zugeteilt haben, die ich auch ausführen konnte…dass sie mir vertraut haben…dass sie mich in ihre Familie intergriert haben und dass sie bereit waren den Sommer 2014, mit mir zu teilen.
Natürlich bin ich mir auch bewusst, dass alle Alpen komplett anders sind, dennoch haben mir die drei bisherigen Monate gezeigt, dass ich mir gut vorstellen kann – in dieser Art meine zukünftigen Sommer zu verbringen.
Also auf bald.
Ps: Gestern hatten wir Besuch von unserem jüngsten Familienmitglied. Mona, kam mit meiner Schwester und Cédric auf den Tannisboden.
Ps1: Ausserdem Besuch von Familie Viviani(ni) aus Ostermundigen. Meine liebe Sara auf der Alp – was für ein Kontrast.
Ps2: Am 27.September 2014 ist Alpabfahrt in Schüpfheim – Besuchen Sie uns an unserem Marktstand mit allerlei Alpprodukten – www.alpabfahrt.ch Vorbestellungen unter 034/493’32’16
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