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Alpkäse mit Tradition
de Jessica und Raphael Rinnerthaler | Vorder Menigen
06.07.2020
Für eine traditionelle Käseherstellung braucht es nicht viel: Rohmilch, Milchsäurebakterien, Holz und Handwerkskunst. Lest selbst.
Auf Vorder Menigen stellen wir hauptsächlich Berner Alp- und Hobelkäse her. Wenn der Berner Alpkäse 18 Monate gereift ist, wird er Berner Hobelkäse genannt. Das Rezept lässt sich bis ins Jahr 1548 zurückverfolgen (www.casalp.ch). Seither hat sich vieles verändert, auch auf den Alpen. Moderne Alpkäsereien wurden gebaut und Ställe mit Melkmaschinen ausgerüstet. Dank Stromaggregaten oder (Kleinst-)Wasserkraftwerken gibt es auf vielen Alpen Strom fürs Melken, für das Rührwerk und abends etwas Licht in der Stube. Das alles erleichtert die Arbeit auf der Alp. Die Herstellung von Berner Alpkäse bleibt aber auch mit den neuen Einrichtungen ganz bewusst traditionell.
Milchsäurebakterien sind unsichtbare Mitarbeiter
Für Berner Alpkäse verwenden wir ausschliesslich Rohmilch. Bei der schonenden Verarbeitung dieser bleiben alle wertvollen Inhaltsstoffe und auch die geschmackliche Vielfalt erhalten. Je weniger ein Naturprodukt verändert und bearbeitet wird, umso wertvoller bleibt es. Am Berner Alpkäse ist besonders, dass wir die Milchsäurebakterien, die es zur Käseherstellung braucht, selbst züchten. Wir nennen sie «Fettsirtenkultur» oder kurz «Kultur». Worum geht es? Damit Käse gezielt reift und haltbar ist, braucht es unter anderem Milchsäurebakterien, die den Milchzucker (Lactose) in Milchsäure umwandeln. Bevor wir den Käse aus dem Chessi nehmen, stellen wir von der Molke etwas zur Seite. In der Molke befinden sich die Milchsäurebakterien, die wir brauchen. Wir erhitzen diese Molke auf 61° C, um unwillkommene Bakterien abzutöten und dann kühlen wir die Molke wieder ab. Bei 38° C ist die Wohlfühltemperatur unserer Bakterien erreicht. Wir füllen die Molke in Thermosflaschen ab und bewahren sie bis zum nächsten Morgen an einem geschützten und warmen Ort auf. Dadurch vermehren sich die Milchsäurebakterien und wir können die Kultur wieder zum Käsemachen verwenden. Bevor wir «einlaben» geben wir die Kultur zur Milch dazu. Danach folgt noch das Schneiden des Bruchs und das Brennen. Kurz bevor wir den Käse herausnehmen, stellen wir wieder einen Topf voll Molke zur Seite und alles fängt von vorne an …
Fettsirtenkultur zu züchten ist Handarbeit und erfordert viel Gefühl und Erfahrung. Es ist faszinierend, wie die Bakterien auf kleinste Veränderungen, die Milchqualität oder das Wetter reagieren. Die Milchsäurebakterien sind unsere heimlichen, unsichtbaren Mitarbeiter. Wir müssen gut auf sie aufpassen.
Handarbeit von Anfang bis Ende
Wir verarbeiten pro Tag maximal 500 Liter Milch. Gegen Ende des Sommers sind es dann nur noch weniger als die Hälfte davon. Aus der Milch entstehen zwei bis vier Laibe Käse pro Tag. Das Schöne an einer solch kleinen Menge ist, dass wir sie komplett in Handarbeit herstellen können. Wir schneiden den Käse mit der Harfe und nehmen die Laibe einzeln mit Bögli und Tuch aus dem Chessi. Wir pressen die frischen Käse in die Järbe und wenden sie 5-mal pro Tag, damit sie rasch und gleichmässig entsirten (die Molke verlieren). Im Käsekeller geht die Arbeit genauso weiter. Dort pflegen wir die Laibe jeden Tag, indem wir sie mit Salzwasser einreiben. Erst dadurch bildet sich auch die Schmier, die den Käse schützt.
Milchsäurebakterien sind nicht alles …
Was genau brauchen wir alles, um unseren Alpkäse herzustellen? Wir benötigen Rohmilch, Fettsirtenkultur, unsere Handwerksfähigkeiten und … Holz! Zum Erhitzen der Milch machen wir unter dem Chessi ein Feuer. Auf Vorder Menigen haben wir keine komplett offenen Feuergrube mehr, sondern eine mit Ummantelung – das schont Augen und Lungen. Aber das Aroma von Fichtenholz, Rauch und Feuer bleibt. Mmmmh …! Unser Holz stammt übrigens von der Alp selber, denn die Weiden müssen offengehalten werden, damit die Alpwiesen nicht zuwachsen. So haben viele gefällte Bäume eine sinnvolle Verwendung, wir erhalten die Weiden und machen aus der Alpmilch feinen Alpkäse.
Weitere Informationen zum Berner Alp- und Hobelkäse gibt es auf der Webseite www.casalp.ch.
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