Wo die Kühe heilig sind

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von Lea Kluge | Schwandi und Laub

28.05.2018

Bevor es für uns wieder auf die Alp geht gibt es hier erstmal einen Reisebericht von unserer Reise durch Indiens Süden. Den langen Winter haben wir in Wien verbracht, als Studenten an der Universität. Statt Kühe zu melken und über Weiden zu laufen lernten wir jetzt wie Landwirtschaft funktioniert, aber eben in der Theorie.

 

Bevor es für uns wieder auf die Alp geht gibt es hier erstmal einen Reisebericht von unserer Reise durch Indiens Süden.

 

Den langen Winter haben wir in Wien verbracht, als Studenten an der Universität. Statt Kühe zu melken und über Weiden zu laufen lernten wir jetzt wie Landwirtschaft funktioniert, aber eben in der Theorie. In den Semesterferien zog es uns dann in die große weite Welt und wir flogen nach Mumbai um für drei Wochen Indien auf eigene Faust zu erkunden.

Indien ist groß, laut, bunt und anders. Die Dinge funktionieren hier anders als wir es gewohnt sind und das lässt uns, an die moderne, ordentliche westliche Welt gewöhnte Europäer so manches Mal wundern und auch fast verzweifeln. Wir versuchen nicht immer alles zu erklären und verstehen zu wollen sondern uns einfach durch diese unbekannte Welt treibenzulassen und staunen über das Land, die Menschen und ihre Kühe.

In Indien sind die Kühe heilig. Im Hinduismus werden Kühe als schöpferische Kraft verehrt die Leben spendet und nährt. Kühe geben nährstoffreiche Milch, daraus wird traditionell Ghee, also Butterschmalz gewonnen, auch Joghurt und der Weichkäse Paneer. Ihr Dung kann zum Feuer machen verwendet werden und ihr Urin gilt als antiseptisch und heilend.
In den meisten Bundesstaaten Indiens ist Kühe schlachten gesetzlich verboten, wer Rindfleisch isst wird bestraft. Im Bundesstaat Rajasthan gibt es sogar ein Mysterium für Kuh-Wohlfahrt.

Kühe sind in Indien überall, auf dem Land und in den Städten, sogar am Strand findet man sie.
In den großen Städten gibt es Kühe, die scheinbar herrenlos durch die Straßen laufen, gemütlich eine mehrspurige Straße überqueren oder schon mal mitten auf der Straße liegen bleiben um sich auszuruhen und wiederzukäuen. Das heißt aber nicht dass diese Kühe niemandem gehören, die Besitzer sind nur wahrscheinlich zu arm um ihre Kühe zu füttern und lassen die Tiere ihr Futter selbst suchen.
Da kann es sein dass der Bus eine Vollbremsung macht damit die Kuh vor ihm unbehelligt über die Straße gehen kann, denn wer eine Kuh anfährt muss hohe Strafen zahlen. Da kann es auch sein, dass wir morgens in einem Restaurant sitzen und frühstücken, als eine Kuh ihren behornten Kopf zur Tür hereinsteckt und eine Schüssel voll Reis vom Kellner hingestellt bekommt. Kühe haben in Indien eigene Feiertage, werden dann bemalt und mit Blumenkränzen behängt.
In den Tempeln findet man immer wieder Kuhstatuen, allen voran der große, mächtige Bulle Nandi. Er ist das Reittier und Beschützer des großen Gottes Shiva und wird dementsprechend verehrt und angebetet.

Werden die Kühe alt und krank kann man sie in ein Tierheim für Kühe geben, ein sogenanntes Goshala. In der nähe der Tempelstadt Hampi besuchen wir so ein Goshala. In einem großen Stall stehen Kühe Kälber in allen Farben, die Kälber springen frei durch die Gänge. Ein kleiner Junge trägt auf seinem Kopf einen großen Haufen gelbes Heu in den Stall. Wir versuchen ihn mit Handzeichen zu fragen ob wir in den Stall kommen dürfen. Er gestikuliert und es dauert ein bisschen bis wir verstehen was er uns sagen will. Wir dürfen gerne hereinkommen aber vorher müssen wir die Schuhe ausziehen. Wie die Tempel in Indien ist auch das Goshala ein heiliger Ort und diesen darf man nur barfuß betreten. Schon wieder etwas das uns stauen und schmunzeln lässt: Regel Nummer 1 wenn du einen Kuhstall in Indien betritts ist also: Schuhe aus!

Ob es den freien Kühen in Indien nun besser geht, weil sie heilig sind? Viel zu oft sehen wir abgemagerte Kühe, die im Abfall wühlen und auf Plastiktüten herumkauen. Wenn eine Kuh sich in ein Restaurant schleicht, in dem sie nicht gern gesehen ist, wird sie schon mal mit dem Knüppel fortgejagt. Und überall, wirklich überall liegen Kuhfladen.
Ich denke an unsere Kühe, die den Sommer auf der Alp verbringen und auf den grünen, saftigen Alpweiden grasen können. Die aber auch zweimal täglich gemolken werden und ihre Kälber gleich nach der Geburt weggenommen bekommen, damit wir ihre Milch zu käse machen können.
Welchen Kühen es nun besser geht, ich weiß es nicht.

 

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