Pfudlä und andere Alpabenteuer

von asklee | Oberstockenalp

11.07.2016

Es gibt tatsächlich Gäste, die beim Ankommen in der Hütte gerne "öies WLAN-Passwort" möchten. Lustige, die. Wobei es dann auch die anderen gibt, diejenigen, die chli schüch fragen: "Dir Exgüse, heit dir da obä o näs WC?

Es gibt tatsächlich Gäste, die beim Ankommen in der Hütte gerne „öies WLAN-Passwort“ möchten. Lustige, die. Wobei es dann auch die anderen gibt, diejenigen, die chli schüch fragen: „Dir Exgüse, heit dir da obä o näs WC?“ Freundlich zeigen wir dann jeweils auf die Holztür (und innerlich schmunzelnd möchte man no mängem antworten „jawohl, mir gö ufe Miststock, i zeige nech grad dr Wäg“).

Apropos WLAN: das war ein Abenteuer mit der Swisscom. Als sie unser Netz dann endlich eingerichtet haben mit viel Verspätung, hat das Telefon nicht mehr funktioniert! In einem Berggasthaus! Wo die Reservationen nur so hereinkommen! Weils eben noch kein digitaler Apparat war und das Internet doch heutzutage übers Telefon läuft oder umgekehrt – eine Chüejerin kann da nicht auch noch druus cho bei dieser Technik. Jedenfalls musste das altehrwürdige Wandtelefon mit dem schweren Hörer weichen. Und jetzt haben wir ein topmodernes schnurloses, das bei Anrufen Schwyzerörgelimusik macht. Auch gut.

Rindviecher! Manchmal sind sie es eben wirklich, die lieben Tierli. Zum Beispiel die Selina, die während dem Melken mitsamt dem Aggregat am Euter einfach abliegt. Der Senn hat gemeint, das sei ihm „iz i driisg Jahr mäuche no nie passiert“. Zum Glück ist die Melkkanne nicht umgefallen. Wenn das nämlich geschieht (natürlich dann, wenn ich am melken bin), dann gerät Milch in die Vakuumleitung und man muss diese am Schluss ausspülen und trocken, dabei hat man doch schon lange Hunger und planget auf den Znacht…blöd.

Oder das Munikalb aus der Mutterkuhherde, das ein geschwollenes Bein hat und behandelt werden sollte. Die Erlaubnis vom Bauer ist da, Spritze und Antibiotika vom Tierarzt via Gondeli und Materialbähnli auf der Alp. Jetzt müsste nur noch das Tier stillhalten für den Stich.

Mutterkühe werden mit ihren Kälbern im Laufstall gehalten, sie können sich frei bewegen und sind sich weder Anbinden noch Anfassen gewöhnt. Es sei denn, Bauer und Bäuerin nehmen sich vielviel Zeit für ihre Tiere.. „Mi cha eifach nid aues ha, se lah frei loufe u de zGfüeu ha, si chömi grad wemä rüeft“ erzählt eine Biobäuerin. Wir haben auf der Alp auch Mutterkühe oben im Guschtistall, die gewöhnt sind an Leute und sich gut anbinden lassen. Ganz wilde täte man auch nicht auf die Alp nehmen – schon nur wegen den Wanderern.

Freilaufhaltung ist toll, eine Mutterkuhherde auf der Alp auch– wenn alle Tiere gesund und munter sind. Aber wenn eines krank ist und behandelt werden sollte, wird es schwierig. Das Trennen von der Herde ist praktisch unmöglich, für eine Behandlung aber nötig…

Und äbe, jetzt hätten wir dieses Kalb spritzen sollen. Der erste Versuch mit Salz und gutem Zureden (aber wir sind eben noch keine Muniflüsterer). Der zweite Versuch mit einem Lasso (aber wir sind eben keine Cowboys). Die Herde merkt bald, dass etwas nicht stimmt und lässt uns nicht an das Tier heran. Abends lesen wir im Handbuch zAlp vom Blasrohr, mit dem gezielte (homöopathische) Dosierungen geschossen werden. Einige Älpler gebrauchen Druckpistolen. Der dritte Versuch also mit dem Blasrohr, aber der Umgang damit will geübt sein, die Nadel fliegt zuwenig schnell und prallt am Tier ab. Mittlerweile sieht der Fuss des Kalbs zum Glück von selbst wieder besser aus – Fortsetzung folgt.

Am Samstag dann eine besondere Arbeit: das Pfudlä. Für Nichtpürinnen und –pure: misten. In den Alpen macht man das nicht mit dem Mistzettel oder dem Güllenfass (wäre viel zu steil für diese Maschinen), sondern alles mit Handarbeit und Muskeln. Der Mistkasten oben beim Guschtistall war langsam voll, also sind die Mannen mit dem Huki losgezogen. Das ist ein motorisierter Holzkasten auf einer Raupe. Früher war der Kasten auf einem Schlitten, den das Ross die Wiese hochgezogen hat. Auch hier oben hatte der Senn lange Zeit noch Arbeitspferde über den Sommer. Der Mist wird aufgeladen, auf der Wiese mit der Grienschuflä verteilt da wo die Rinder das Gras schon abgefressen haben (guter Dünger!), dann wieder zum Mistkasten und von vorne. Gratis Fitnesstraining an der frischen Luft! Und danke Ruedi fürd Biuder.

Diese Woche wars wunderbares Wetter, am Samstag waren knapp zwanzig Übernachtungsgäste angemeldet und es gab wieder Feuerring (diesmal mit Rösti drauf). Mega fein. Gestern Sonntag hats auf der Terrasse gräblet vom Morge wäg. Der Abend war dann wunderbar, alle müde und zufrieden, einen feinen Braten zum Znacht, spannende Diskussionen und Geschichten aus alten Puurezeiten vom Besuch aus dem Tal. Bis halb eins sind wir unter dem Sternenhimmel ghöcklet und haben das Wetterleuchten über dem Niesen bestaunt. Wir hatten es auch von den Ansprüchen an die Landwirtschaft, vom Stadt-Land-Graben… „gägesitigs Verständnis“ wünscht sich der Senn. Die Familie Bühler trägt einen grossen Teil dazu bei mit ihrer Arbeit hie obä. Also kommt herauf, liebe Unterländer!

PS: Äxgüsi für die nid so genauen und manchmal sicher falschen Beschreibungen von landwirtschaftlichen Maschinen und sonstiger Technik…da müsst ihr halt ein Auge zudrücken, liebe Profis.

PPS: Der Senn wünscht noch einen Beitrag über „dFuessnegu vor Sennerin“. Auso guet: sie sind silbern. Aber das ist nicht so wichtig. Viel interessanter ist nämlich das NY-Hiphop–Melk-Käppi des Senns. Das erwische ich auch mal noch mit der Kamera.

 

ornament

Weitere Geschichten

Die Käsekeller von La Tzintre und meine Funktion

Nach dem Alpsommer

Eine spezielle Kindheit