Ufem Hund
Ja, jetzt bin ich an meine Grenzen gestossen, ich glaube wir alle drei. Die letzte Woche war so voller aufregender Momente, dass ich heute emotional und auch körperlich ziemlich ausgelaugt bin. Die Bewegungen im Keller sind langsam, mein Kopf schwer und die Gedanken schweifen hin und her ohne zu einem Ende zu kommen. Ich will ja nicht jammern, denn die letzten Tage waren wunderschön, aber jetzt gerade sehne ich mich nach ein bisschen Ruhe und Privatsphäre. Doch zuerst möchte ich euch noch ein paar “Müschterli” weitergeben.
Anfangs Woche hatten wir Besuch von einem Reporter und einem Fotografen. Die beiden begleiteten mich im Stall, im Keller, in der Käserei und in der Garage wurde sogar ein provisorisches Fotostudio eingerichtet. Simon und Piotr amüsierten sich köstlich, wenn es für mich hiess, glücklich auszusehen und ganz spontan in die Kamera zu schauen. Glauben Sie mir, es ist nicht ganz einfach, eine Viertelstunde – ein Rad Käse GANZ locker unter den Arm geklemmt – GANZ spontan in die Kamera zu schauen. Trotzdem waren die zwei Tage eine Bereicherung. Schauen Sie sich doch die Bilder in einer der nächsten Ausgaben der Coop-Zeitung an.
Am Mittwoch folgte der Besuch der 30 chinesischen Touristen auf der Durchreise von Les Diablerets nach Engelberg. Natürlich war ich darauf vorbereitet, dass sich die Führung etwas chaotischer als normal gestalten würde – und so war es tatsächlich auch. Kaum aus dem Bus ausgestiegen mussten die Kinder bereits in allen Ecken zusammengesucht werden. Der Englisch sprechende Guide und Übersetzer war mit den Nerven ziemlich am Anschlag. Es ist spannend zu sehen, dass diese Kultur tatsächlich ziemlich anders ist. So verloren alle nach 2 Minuten das Interesse am Käsen und daher ging ich weiter in den Stall. Da hielten sich alle die Nase zu und waren – es ist unglaublich! – sehr still. Nur die Tablets wurden munter weitergezückt. Ich musste zwischenzeitlich unseren privaten Kühlschrank und Nektarinen verteidigen und Kinder aus unserem Schlafzimmer holen. Es hat mir trotzdem Spass gemacht. Die Käseplatte wurde hunderttausendfach fotografiert und dann spärlich genossen. Nach knappen zwei Stunden war der Spuk vorbei und das Chaos immens.
Dann folgte Piotrs Geburtstag, den wir gebührend gefeiert haben und gestern der grosse Brunch. Wir durften um die 280 Personen empfangen und waren – wie immer am 1. August – zeitlich etwas knapp dran. Nach dem Stall ass ich etwas zum Frühstück und half beim Käseplatten machen. Als die ersten Gäste um viertel vor neun eintrafen, huschte ich noch mit Badetuch bedeckt über den Balkon in die Dusche. Die Tracht musste ich dann ganz schnell montieren und hatte dementsprechend ein bisschen ein “Gnusch” unter dem Mieder. Aber das sah ja zum Glück niemand. Die gerüschten langen Unterhosen musste ich kurz danach wieder ausziehen, denn die fielen immer runter und guckten untenraus… Kurze Zeit später füllte sich jeder Platz und ich durfte an der Kasse viele bekannte und unbekannte Gesichter begrüssen. Unter anderen lernte ich Hugo kennen, der gleich heisst, wie unser Kater. So ergaben sich lustige Gespräche und am Abend genossen wir dann im kleinen Kreis unser Feuer.
Das sind die letzten Neuigkeiten von uns. Heute gehen wir früh ins Bett und nehmen morgen in alter Frische den August in Angriff.
Herzliche Grüsse
Nadja