Stattermeitli und Hofcoiffeuse
Seit sie drei Jahre alt ist, verbringt die heute fünfzehnjährige Ismaélie eine oder zwei Wochen bei uns auf dem Mittelberg. Man merkt der Tiernärrin an, dass ihr viele Arbeiten geläufig sind. Sie kennt sich in allen Stallarbeiten gut aus, ist mir aber im Haushalt ebenfalls eine wertvolle Stütze. Sie kocht gern und auf dem Feuer ist es noch ein wenig schwieriger. Dennoch schreckt sie nicht davor zurück, auch da ihre Erfahrungen zu sammeln. Ihre Mama Marianne ist zugleich unsere Hofcoiffeuse. Als sie ihre Tochter zu uns brachte, schlug sie drei Fliegen auf eine Streich. Wir konnten gerade hinhalten und unsere Haare stutzen lassen, während ihr Mann Toni die sieben Kilometer Grischbachtal mit Rollskis bezwang.
Ein „Stattermeitli“ erzählt
Wie schon seit mehreren Jahren, verbringe ich auch diesen Sommer wieder eine Woche auf dem Mittelberg bei Mülleners. Das Wetter spielte diese Woche nicht ganz mit. Die Temperaturen waren tief und es fiel viel Regen. Ich trug fünf Schichten übereinander und hatte trotzdem kalte Hände und Füsse. Zum Arbeiten, wenn man sich bewegt, wird man schon warm. Erledigt man aber Arbeiten bei denen man sich nicht viel Bewegung raucht, friert es einem fast die Finger ab! Vreni riet mir, ich soll doch 15 Minuten raus joggen gehen, da mir einfach nicht warm wurde. Ich ging joggen und es wurde mir wärmer, nur ein Problem gab es, es hat nämlich angefangen aus Strömen zu regnen und daher wurde ich nass und die feuchten Kleider kühlten mich schnell wieder ab. Am Nachmittag gingen Alfred, Yannic und ich, dick verpackt, die „Guschtis“ holen, welche sich zu unterst vom Mittelberg befanden. Unterwegs fanden wir einen riesigen Steinpilz, der leider unbrauchbar war. Alfred fand viele Eierschwämme die wir am nächsten Tag zubereiteten. Wir trieben die „Guschtis“ und manchmal hatten sie Energieschübe und sprangen wie wild durch die Gegend. Im Grossen und Ganzen klappte alles und die Tiere kamen gut im Stall an. Wenn ich die zwei Jüngsten Stallbewohner beobachte, wird mir warm ums Herz. Sie sind noch nicht lange auf dieser Welt, haben aber schon an vielen kleinen Sachen Freude und sind voller Energie. Eines von diesen zwei kleinen „Kälbli“ hat ein verkehrtes Herz auf dem Gesicht, deshalb nenne ich es einfach „chlys Härzli“.
Beim Tränken der zwei älteren „Munis“ geht es zu wie bei einer Raubtierfütterung. Sie sind voll überschüssiger Kraft und wenn ich die Milchkessel nicht fest genug halte, fliegen diese im hohen Bogen durch die Luft. Ich hoffe nun auf etwas wärmeres Wetter in den restlichen Tagen, welche ich hier verbringen darf.
Ismaélie Reichenbach
Leider hoffte unsere Nichte vergebens, die letzte Nacht war noch „strüber“ als die vorherigen Nächte, auf den höheren Alpen hat es Schnee und wir haben „nur“ sehr kalt. Nasse Kleider hängen rings um die Wärmequellen, wollene Socken, Mützen und lange Unterziehhosen sind gefragte Artikel. Wir wissen, dass wir in guter Gesellschaft sind und es vielen „Chüejerlüt“ ähnlich oder noch schlimmer ergeht. Aber die Erfahrung hat uns gelehrt, irgendwann wird es wieder wärmer und die Unannehmlichkeiten solchen Wetters gehen bald vergessen, weil wichtigere Dinge unseren Alltag füllen.