Der Sonntag danach..
Heute kam der lang ersehnte Tapettenwechsel. Wie bereits öfters erwähnt, geht es uns auf dem Tannisboden gut. Jedoch bleibt ein komisches Gefühl in der Magengrube. Niemand weiss, wie stark die kommenden Gewitter werden und ob die Strasse wieder verstossen wird. Problematisch wäre das ja für uns wirklich nicht, aber es ist trotzdem irgendwie beklemmend.
Deshalb sind heute Morgen kurzerhand Esther und ich in die Käserei gefahren. Einmal runter von Berg. Ein kurzer Zwischenhalt im Garten von Esthers Schwägerin, quasi als Balsam für die Seele – danach zurück durch das geschundene Bumbach.
Die Bilder der Zeitungen sind ja schon sehr eindrücklich, aber wie es tatsächlich aussieht, ist etwas ganz Anderes. Gerölllawinen auf dem einstigen Weiden. Die Steine darin im Durchschnitt so gross, wie Jurasteine, die man in vielen Gartenanlagen sieht, natürlich auch Grössere. Die Urkraft, die man spürt, wenn man der Emme entlang wandert, hat sich hier in einer wüsten Form manifestiert. Grosse Teile der Böschung entlang der Bockenschlucht, sind nicht mehr existent. Das Bachbett der Emme reicht an einigen Orten jetzt bis an die Strasse.
Ganz zu schweigen vom Land der Landwirtschaftlichen Betriebe von Bumbach. Ein Grossteil der Weiden ist verschüttet. Das Futter kaputt. Viele der Siloballen hat die Emme weggespühlt. Das Futter für den Winter kaputt. Nichts desto trotz, wird überall geputzt und geholfen, Geröll abtransportiert, geschaufelt. Niemand sitzt still. Grosse Solidarität ist zu spüren. Aber auch grosse Angst.
Angst davor, dass die Gräben erneut auspacken. Die Medien schauen bereits wieder in andere Richtungen. Für die Einheimischen ist aber klar, dass die Gefahr noch nicht gebannt ist. Deshalb war die Strasse heute auch nur in kleinen Zeitfenstern befahrbar.
-Einerseits muss man möglichst schnell voran kommen mit den Aufräumarbeiten, um eine zweite Katastrophe zu verhindern.
-Andererseits möchte man auch Niemanden der Gefahr aussetzen.
Deshalb wäre Verständnis wünschenswert, denn alle geben ihr Bestes.
Während einer kurzen Verschnaufpause im Kemmeribodenbad haben wir mit einer Bäuerin aus Bumbach geredet. Und was sie gesagt hat, ist eine sehr gute Überlegung. Sie hat gesagt, dass sie so viele Anfragen hat, von Menschen, die helfen möchten. Sie sagt diesen aber, Hilfe gibt es im Moment genug. Wenn jemand helfen möchte, dann gefriert Gemüse ein, macht eure Früchte ein – helft damit in zwei drei Monaten oder in einem halben Jahr, wenn weniger Hilfe da ist. (Unsere Zeit hat halt ein bisschen diese „schnelllebige“ Tendenz. Im einen Moment ist es noch präsent, und im Nächsten vergessen. Ich klammere mich da keineswegs aus.) Die betroffenen Familien versorgen sich grösstenteils selber mit Nahrung aus ihren Pflanzblätzen, die jetzt von einer Schlammschicht bedeckt sind. Das Gemüse darunter erstickt und verfault.
Ich bewundere die verschiedenen Betroffenen und Helfer, die jetzt mit dieser Katastrophe arbeiten müssen. Ich könnte keineswegs so ruhig und sachlich bleiben. Denn wenn ich mir Verständnis wünsche, betreffend der Strassensperren etc. – so habe ich eben für die schamlosen Gaffer oder gar Schwemmholzsammler auch kein Verständnis.
Ausserdem braucht es eine unglaubliche Kraft für die Familien, zum Teil schon wieder bei Null anzufangen. Ich weiss nicht, ob ich selber das durchstehen könnte. Gerade hat man sich vom letzten Unwetter erholt und nach wenigen Jahren ist wieder alles kaputt. Wie viel Leid kann ein Mensch tragen? Wie viel braucht es, bis man sein Zuhause aufgibt?
Trotz all diesem Elend spürt man auch eine unglaubliche Zuversicht. Jeder packt mit an, dass es weitergeht. Niemand steckt den Kopf in den Sand.
Auf dem Tannisboden steht seit heute Nachmittag ein ‚ghöriger‘ Strauss Blumen, einfach so. Damit man nicht vergisst, wie wunderbar die Natur auch sein kann.
In diesem Sinne e schöne Sunntignamitag und hoffentlich äbeso feine Hungbock, wie mir hüt hei Zmorge gha.
Kathrin
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