Älpler-ABC
Wissen Sie, was Lab, Lische oder Britsche bedeutet? Das Heu ist sicher verstaut und jetzt ist es Zeit, Sie mit gewissen berndeutschen Wörtern aus dem Älpler-Leben bekannt zu machen.
stierig
Die Kühe haben alle drei Wochen ihre Tage, eigentlich fast wie wir Frauen… Nur äussert sich das ein bisschen stärker, würde ich mal behaupten. Meist sieht man es von Weitem. Auf dem Feld springt die Kuh auf andere Kühe und lässt sich vorallem gerne bespringen. Dann steht sie ganz still und ist absolut bereit. Hektor ist in solchen Momenten Gold wert und macht sich an die Arbeit. Meist muss das innert Stunden geschehen, ansonsten ist die Chance für eine Weile vertan. Natürlich ist nicht jede Kuh gleich und bei manchen ist es offensichtlicher als bei anderen. Es ist wichtig, dass wir das Datum, an dem die Kuh “stierig” ist, notieren, dann hat der Bauer eine Ahnung, wann die Kuh ihr Kalb kriegt.
Lische
Lische nennen wir das borstige, feste Gras, welches die Kühe nicht fressen. Meist wächst es in sumpfigem Gebiet, beispielsweise im “Totenmädli”, wo mal ein Pferd etrunken sein soll. Im Herbst mähen wir die Lische und brauchen sie zum Einstreuen. So können die Kosten für Stroh gespart und das Gras verwendet werden. In getrocknetem Zustand ist es für uns manchmal von Heu fast nicht zu unterscheiden, aber die Kühe merken es sehr wohl. Manchmal suchen sie sich noch den feinsten Halm raus, aber auch nur, wenn sie hungrig sind. Ansonsten verscheissen sie es mit grosser Freude…
Kultur
Natürlich meine ich nicht schöne Gemälde, Gedichte oder Musik. Das ist hier oben eher nicht das Gesprächsthema Nr. 1. Es ist ein Begriff aus der Käserei. Damit die Milch zu Käse wird, geben wir Lab und Kultur hinzu. Kultur nennen wir den Bakterienstamm, der immer weitergezüchtet wird. Käsen hat viel mit Mikrobiologie zu tun und die Bakterien machen aus Milch unter Umständen einen guten oder schlechten Käse. Am Vorabend vor dem ersten Käsen werden die Bakterien aus dem Labor angesetzt. Anschliessend giessen wir die gelbliche Flüssigkeit morgens um 8 Uhr in die Milch. Bevor der Käse aus dem Kessi kommt, nimmt Simon wieder Molke raus. Diese erhitze ich dann im Wasserbad auf über 61°C und kühle sie anschliessend wieder runter. Die Nacht durch stellen wir die Kultur bei konstanter Temperatur in den Brutschrank. Am nächsten Morgen kommt die Kultur wieder in die Milch. So werden die “guten” Bakterien weitergezüchtet. Diese haben die wichtige Aufgabe, “schlechte” Bakterien, die in der Milch enthalten sein können, in Schach zu halten. Simon misst die Kultur täglich und der Säuregrad sollte zwischen 27 und 30 sein. Dann ist alles im grünen Bereich… Die Kultur ist zum grössten Teil verantwortlich für den Typ, die Reifung, den Geschmack und die Lochung. Die ganze Sache ist heikel, denn schlechte Milch, Wetterumschläge oder Verunreinigungen haben einen sofortigen Einfluss auf die Kultur.
Lab
Lab ist ein Enzym aus Kälbermägen. Das Enzym kaufen wir in Flaschen im Laden für Käsereibedarf. Wie die Kultur geben wir das Lab morgens in die Milch. Das Lab ist verantwortlich dafür, dass die Milch dick wird. Die sogenannte “Dickete” hat die Konsistenz von Pudding. Sobald der Zeitpunkt richtig ist, wird die Masse mit der Harfe in weizenkorngrosse Stückchen zerschnitten. Manchmal wünscht jemand, “Schluck” zu probieren, was nichts anderes als eingedickte Milch ist. Ganz ehrlich, ist nicht so mein Ding… Irgendwie braucht es bei mir ganz schön Überwindung, einen Löffel davon zu essen. Fühlt sich im Mund wie lauwarmer Pudding ohne viel Geschmack an. Sehr gerne können Sie es selber testen, ich will nicht schlechte Werbung machen! 🙂
Britsche oder Chäsvogu
Diese Spezialität mag ich hingegen sehr und fische immer ein bisschen “Britsche” aus dem Kessi. Kurz bevor der Käse aus dem Kessi kommt, nennen wir die körnige Masse “Bruch”, “Britsche” oder “Chäsvogu”. Der frische Käse sieht aus wie Hüttenkäse und schmeckt auch ein wenig ähnlich. Simon testet die “Britsche” bevor er den Käse rausnimmt und zerreibt sie zwischen den Händen, isst ein wenig und bestimmt so den perfekten Zeitpunkt fürs Rausnehmen. Und noch etwas, die Britsche quietscht zwischen den Zähnen, fantastisch!
Ich glaube, das ist genug für heute und hoffe, ich habe Sie nicht mit allzu komplizierten Details verwirrt. Jetzt gehts wieder in den Stall und anschliessend an den “Neuenberg-Dorfet”, die Chilbi auf der Nachbaralp. DAS Ereignis im Sommer…
Herzliche Grüsse
Nadja